4. Der Genuß von Whisky
4.1 Die Sinne
Geruch
Der Geruch ist unser stärkster Sinn und beeinflußt unbewusst unsere Reaktionen auf Ort und Personen enorm. Die Nase ist unser empfindlichstes Organ und kann Aromen in einem Bruchteil von 1:1000000 wahrnehmen. Die Duftinformationen des Whiskys werden mittels flüchtiger Ester und Aldehyden übertragen, die dann durch die Nasenlöcher oder beim schlucken durch den Nasen-Rachen-Raum transportiert werden. über olfaktorische Kanäle werden die Aromen schliesslich zum Gehirn weiter geleitet. Durch zu langes und intensives riechen, kann die Nase gegenüber einer Aromagruppe abstumpfen, d.h. die ersten Eindrücke sind die wichtigsten. Wenn der erste Eindruck uneindeutig ist, hilft auch kein langes rumprobieren. Bei einer Verkostung sollte nicht geraucht werden, da das den Geruchsinn stark eindämmt. Im algemeinen hat jeder Mensch die gleiche Fähigkeit Aromen zu identifizieren.
Geschmack
Der Geschmack wird von Rezeptoren auf der Zunge und am Gaumen identifiziert. Diese Geschmacksknospen sind mit dem Rückenmark und schließlich mit den entsprechenden Gehirnbereichen verbunden. Es gibt vier grundlegende Geschmacksrichtungen
süß
sauer
salzig
bitter
Nun sind unterschiedliche Bereiche und Rezeptoren im Mund- und Rachenraum für die einzelnen Geschmacksrichtungen verantwortlich. Dies sind:
süß --> Zungenspitze
sauer --> obere Zungenränder
salzig --> seitliche Zungenränder
bitter --> hinterer Zungen-, Rachenbereich
Um einen Grundgeschmack zu erhalten ist es wichtig einen kleinen Schluck zu nehmen und den ganzen Mund zu benetzen. Im 18 Jh. war es üblich einen Zungenschaber zu verwenden um die Zunge frei von Belägen zu machen. Wurden die Geschmacksknospen stimmuliert, brauchen die Rezeptoren eine Weile bis sie zur Normalität zurückfinden. Dies hängt auch von der Stelle der Zunge ab, wobei der hintere Teil länger braucht. Die Zunge sammelt nur Primärdaten, die Aromen werden über die hinteren Nasenwege zum Geschmackszentrum des Gehirns geleitet. Die Verkostung ist nun eine Kombination aus Primärgeschmack und Aromen. Dies lässt ein sehr breites Vokabular an Geschmacksnuancen zu. Sensoriker haben rund 300 Aromen im Malt Whisky ausgemacht und man vermutet deutlich mehr. Die Aromen machen in einer Flasche Whisky gerade mal 0,2% aus.
Gefühl
Mit Gefühl meint man das Gefühl in Mund und Nase, das ein Whisky auslöst. Eine häufige Assoziation in der Nase wird als "'stechend"', aber auch prickelnd, scharf, schmerzhaft, beißend, wärmend, kühlend beschrieben. Ein vielseitiges Mundgefühl wird von Zunge, Gaumen, Wangen, Kehle und sogar den Zähnen aufgenommen. Wahrgenommen wird dabei, astringierend, trocken, viscos, mundfüllend, metallisch, kribbelnd, moussierend. Freie Nervenenden nehmen dabei den stechend, beißenden Geschmack war.
4.2 Die Verkostung
Der Raum sollte weitgehend frei von Gerüchen sein, Küchendünste, Rauch, Bodenpolitur, Parfum. Eine Verkostung in Gesellschaft macht Spaß und man verhindert in Gedankenfallen zu geraten. Die Gemeinsamkeit ergibt neue Entdeckungen, Eindrücke, Gedanken. Die Gläser sin ein entscheidender Faktor für die Sensorik und beeinflusst die Wahrnehmung enorm. Whisky-Tumbler sind ein hoffnungsloser Fall, da sie eigentlich nur für den Genuß von Whisky mit Soda entworfen und dafür taugen sie auch. Zur Verkostung sind Degusationsgläser wichtig, solche die man schwenken kann und dadurch die Aromen gebündelt werden.
Verkostung mit Wasser
Zur Verkostung sollte man Wasser nehmen. Whisky in Faßstärke z.B. betäubt die Nase und brennt auf der Zunge. Sowas ist unmöglich zu bewerten. Die meisten Whiskys allerdings profitieren von der Wasserzugabe. Der Whisky öffnet sich und kommt mehr zur Geltung. Das Wasser sollte mineralien- und geschmackfrei sein. Sensoriker verkosten den Whisky bei ca. 20 Vol-%, das kann allerdings den Geschmack kosten. Der Whisky wird "'ertränkt"'. Die Temperatur des Whiskys sollte leicht unter Zimmertemperatur sein, aber auf keinen Fall kühlen, da gekühlter Whisky seine Aromen nicht voll entfalten kann und die Zugabe von Eiswürfeln sie vollends verschliesst.
4.3 Die Kunst der Verkostung
Für die Verkostung sind drei Aspekte von Bedeutung. Dies sind:
der optische Eindruck
der Geruch
der Geschmack des Whiskys
Optischer Eindruck
Die Bewertung von Farbe, Klarheit, Bläschenbildung und Körper
Farbe
Die Farbe kann von Wasserhell bis zu tiefdunkler Lakritzfärbung sein mit allen erdenklichen gold- und bronzetöne dazwischen. Der Whisky bezieht sein Farbe nur aus der Fassreife oder durch Zusatz von Zuckerculeur. Daher kann man nur bedingt von der Farbe des Whiskys auf das Fass und die Dauer der Lagerung schließen.
* Amerikanische Eiche färbt Golden
* Europäische Eiche färbt Bernstein
* Olorossofass sehr dunkles Braun nach 5 Jahren
* Öfter verwendete Fässer geben weniger Farbe ab. (z.B. Bourbonholz)
* Helles Stroh deutet auf ein häufig verwendetes Fass hin.
* Mahagoni --> Erstbelegung europäisches Fass
Klarheit
Die meisten Whiskys sind kühlfiltriert. Dies ergibt zwar keine Trübungen, allerdings gehen dabei auch Geschmacksstoffe verloren. Bei einer Temperatur zwischen 2 und -10 °C durchläuft der Whisky eine Filteranlage um feinste ölige Partikel herauszufiltern. Die Haupteigenschaft des Kühlfiltrieren ist, das Opalisieren des Whiskys zu verhindern, wenn er gekühlt oder mit Eis serviert wird. Kaltfiltrieren sorgt zwar für bessere Farbbrillianz beeinträchtigt aber auf jeden Fall den Geschmack. Gängiger ist das Filtrieren bei Normaltemperatur um Schwebstoffe zu entfernen.
Bläschenbildung
entsteht durch schütteln der Flasche. Lösen sich die Bläschen schnell wieder auf, so ist das ein Zeichen, dass der Whisky einen Alkoholanteil von weniger als 50 Vol-% besitzt. Stärkerer Whisky hat darüber hinaus auch größere Bläschen. Bei körperreichen Whiskys setzen sich die Bläschen eine Weile auf die Oberfläche. Ganz allgemein sagt die Bläschenbildung was über Stärke und Körper der Probe aus.
Den Körper
eines Whiskys bezeichnet man als leicht, mittelschwer oder voll. Er wird optisch und anhand des Mundgefühls eingeschätzt. Geschwenkter Whisky läuft in Tränen am Glasrand entlang. Lange Bahnen lassen auf einen hohen Alkoholgehalt schliessen. Lang anhaltende dickflüssige Schlierenbildung lässt auf Öle schliessen. Sie geben dem Whisky mehr Körper und Geschmack.
Geruch
Zunächst wird anhand der unverdünnten Probe das Nasengefühl und später der Duft beurteilt. Danach der Duft der verdünnten Probe.
Das Nasengefühl
ist der Reiz im hinteren Bereich der Nase, den eine stark alkoholische Spirituose auslöst. Eindrücke sind von prickelnd bis hin zu schmerzhaft. Aber auch wärmend, trocknend, brennend. Am Anfang ist es ratsam etwas Abstand zu halten, da eine plötzlich unangenehme Überraschung das Geruchsempfinden für kurze Zeit betäuben kann. Mann sollte Whisky nur bis zu dem Punkt verdünnen, bei dem das Gefühl in der Nase verschwindet.
Duft (unverdünnt)
Der erste Eindruck ist auch hier wichtig. Das Glas sollte geschwenkt werden und ein zweites Mal sorgfältig riechen, wobei der erste Eindruck im Hinterkopf bleiben sollte. So lassen sich die Grundcharakteristika der Probe feststellen. Alle Aromen öffnen sich aber erst durch die Zugabe von Wasser. Fragen sollte man sich wie temperamentvoll oder zurückhaltend der Whisky ist. Wie intensiv oder komplex.
Duft (verdünnt)
Durch die Zugabe von Wasser kann man das Aufbrechen der Esterketten beobachten. Man riecht erst über dem Glas, um das Bouquet wahrzunehmen. Danach ins Glas hinein, um mehr Aromen herauszulocken. Die ersten Eindrücke sind sehr wichtig und sollten aufgeschrieben werden. Zwischendurch sollte immer mal wieder frische Luft eingeatmet werden und nicht zu lange nach einem Duftelement gesucht werden. Lieber zur nächsten Probe übergehen.
Geschmack
Der Geschmackseindruck setzt sich zusammen aus Mundgefühl, Primärgeschmack, Gesamtgeschmack und Abgang.
Mundgefühl
Man nimmt ein kleines Schlückchen, nur soviel das es gerade die Zunge bedeckt, und behält es eine Weile im Mund. Nun lässt sich herausfinden wie intensiv der Whisky ist und wie er sich anfühlt. Assoziationen können sein:
* cremig
* viskos
* wärmend
* astringierend
* prickelnd
Primärgeschmack
Hier nimmt man einen kleinen Schluck und benetzt mit dem Whisky den ganzen Mund. Auch hier wird er eine Weile gehalten. Nun erkundet man das Verhältnis zwischen:
* Süße --> Zungenspitze
* Säure --> obere Zungenränder
* Salzigkeit --> Zungenseiten
* Bitterkeit o. Trockenheit --> hintere Zunge
Gesamtgeschmack
Zunächst einmal sollte die Probe nach Whisky schmecken, alles andere gibt Punktabzug. Als gut wird ein Whisky bezeichnet, wenn er wohl ausgewogen ist. Wenn Duft- und Geschmackselemente miteinander harmonieren. Es ist zudem wichtig, dass der Geschmack hält oder übertrifft, was der Geruch verspricht. Tut er das nicht, ist der Whisky entweder verwirrend oder entäuschend.
Abgang (Finish)
Der Abgang oder das Finish ist die Zeitspanne, in der der Whisky nach dem Schlucken noch nachklingt. Das Angenehme daran ist der Nachgeschmack. Wünschenswert ist ein mittellanger bis langer Abgang.
Der Geschmack kann sehr unterschiedlich, je nach Tageszeit und Umständen unter denen man verkostet, emfunden werden. Morgens und vor dem Essen sind die Sinne schärfer als abends nach dem Essen. Es kann durchaus sein, dass man einen Whisky mittags als fruchtig und subtil emfindet. Abends aber weder das eine noch das andere erkennt. Es lohnt sich einen Whisky zu unterschiedlichen Tageszeiten zu probieren.
4.4 Fachsprache der Verkostung
Man unterscheidet zwischen der objektiven und subjektiven Verkostung. Objektive Verkostungen werden herangenommen für Zeitungsberichte, Kauf und Auswahl von Fässern, für Marketingzwecke. Diese Verkostungen werden in der Regel von augebildeten Sensorikern unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt. Die Sprache tendiert zu chemischen Begriffen. Subjektive Verkostungen hingegen sind eher ein gesellschaftliches Ereignis. Hier fließen persönliche Vorlieben ein und die Beschreibungen sind farbig und vielfältig. Man sollte sie aber keinesfalls zu gering einschätzen. Eine Verkostungsgruppe ist immer im Vorteil, weil die "Ubereinstimmung immer ein guter Beleg für die Genauigkeit der Beschreibung ist.
Quellen:
* Malt Whisky (Charls Maclean)
* Whisky Lexikon (Prof. Walter Schobert)